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Kombination von Elektro-Infrarotheizung mit Photovoltaik – leider keine Wunderlösung

Erschienen am 04.05.2017 im RP-Energie-Blog (als E-Mail-Newsletter erhältlich!)

Permanente Adresse: https://www.energie-lexikon.info/rp-energie-blog_2017_05_04.html

Autor: Dr. Rüdiger Paschotta, RP-Energie-Lexikon, RP Photonics AG

Inhalt: Auf den ersten Blick erscheint die Kombination einer Elektro-Infrarotheizung mit Photovoltaik attraktiv. Leider hat dieses Konzept jedoch große Haken. Eine Wunderlösung für hohe Energieeffizienz und niedrige Heizkosten bietet es jedenfalls nicht.

Rüdiger Paschotta

Ein Leser hat auf meinen kürzlich erschienenen Artikel über Infrarotheizungen hin eine Frage geschickt. Er hat bei Vitramo von dem angeblich sehr vorteilhaften und energiesparenden Konzept der Kombination von Infrarotheizung und Photovoltaik-Anlage gelesen und wollte wissen, was davon zu halten ist. Diese interessante Frage ist die Beantwortung in einem separaten Artikel wert.

Gehen wir zunächst davon aus, dass gemäß diesem Konzept das Haus nur mit einer Infrarotheizung erwärmt werden soll, sodass die hohen Investitionskosten für ein konventionelles Heizungssystem entfallen:

  • Grundsätzlich sind eine gute Energiebilanz und niedrige Betriebskosten eines beheizten Gebäudes nur mit guter Wärmedämmung möglich. Dann braucht man in sonnigen Stunden normalerweise gar keine Heizwärme mehr. Wenn man sie doch braucht – eben bei kaltem und trübem Wetter – bekommt man sie aber kaum von der PV-Anlage. Das ist auch allgemein das zentrale Problem der Solarheizung: Man bekommt die Wärme vorwiegend dann, wenn man sie am wenigsten braucht.
  • Theoretisch könnte man den PV-Ertrag in einem Solarstromspeicher für kommende kalte und trübe Tage aufbewahren. Das würde aber leider zu extrem hohen Kosten für den Speicher führen – selbst wenn die Batterien noch viel billiger werden. Schon ein gut gedämmtes Einfamilienhaus braucht an einem einzigen kalten Tage leicht mal mehr als 100 kWh, und ein Solarstromspeicher für 10 000 € kann derzeit nur ein paar kWh speichern, also nur einen kleinen Bruchteil eines Tagesbedarfs. (Siehe dazu auch meinen Artikel über spezifische Kosten von Energiespeichern.) Für solche lange Zyklenzeiten – Tage bis Wochen – sind Batteriespeicher besonders ungeeignet, weil man auf zu wenige Nutzungszyklen pro Jahr käme, und für kürzere Zeiten (z. B. Tag-/Nacht-Rhythmus) kann man die Wärme einfacher und viel billiger in der Gebäudestruktur speichern (jedenfalls beim Massivbau). In dem von Vitramo präsentierten Beispielfall wird ein Solarstromspeicher erwähnt, aber der wird vermutlich gar nicht für die Infrarotheizung verwendet, sondern nur für den Bürobedarf u. ä.
  • Man könnte theoretisch auch die Elektrowärme statt der elektrischen Energie zwischenspeichern, etwa in einem Warmwassertank; damit wäre der Speicher viel billiger. Aber dann kann man die Wärme natürlich nicht mehr über die Elektro-Infrarotheizung abrufen, braucht also zusätzlich z. B. eine Fußbodenheizung. Damit ist der Vorteil der niedrigeren Installationskosten (Elektroheizkörper statt Wasser-Zentralheizung) wieder dahin.
  • Mit dem Speichern ist es also schwierig. Wenn man aber ohne Speicher arbeitet, muss man an sonnigen Tagen große Überschüsse ins öffentliche Stromnetz einspeisen und erhält dafür nur die heute ziemlich geringe Einspeisevergütung; an den kalten und trüben Tagen muss man dann Strom viel teurer aus dem Netz beziehen. Auch das ist also nicht attraktiv. Man mag zwar pro Jahr so viel Strom erzeugen, wie man verbraucht, aber weil man für den bezogenen Strom viel mehr zahlt, als man für den eingespeisten Strom bekommt, hat man trotzdem hohe Stromkosten! Das liegt letztlich daran, dass die öffentliche Infrastruktur Kraftwerke für kalte trübe Tage und Stromnetze bereithalten muss, andererseits aber Strom aufnehmen soll, wenn es oft ohnehin schon Überschüsse gibt.

Man könnte die Speicherproblematik im Prinzip auch umgehen, indem man nur überschüssigen PV-Strom verheizt, anstatt ihn in das Stromnetz einzuspeisen. Dann zahlt man effektiv für die gewonnene Heizwärme im Betrieb einen Preis, der der Einspeisevergütung entspricht. Derzeit ist diese noch etwas höher als die entsprechenden Wärmekosten aus Heizöl oder Erdgas; das könnte sich zukünftig ändern, wenn die Brennstoffkosten wieder ansteigen und/oder die Einspeisevergütung weiter sinkt. Allerdings sind auch die zusätzlichen Investitionskosten zu berücksichtigen; man muss sich natürlich fragen, ob man nur für diese eingeschränkte Nutzung eine Infrarotheizung zusätzlich zum gewöhnlichen Heizungssystem installieren möchte. Und man wird bei diesem Ansatz ohnehin nur einen kleineren Teil des Heizwärmebedarfs solar decken, weil die PV-Anlage dann wohl eher für den Strombedarf dimensioniert wird und nicht für den meist größeren Wärmebedarf.

Fazit: Eine Elektroheizung – auch in Form der Infrarotheizung – wird keineswegs dadurch sinnvoll, dass man zusätzlich noch Photovoltaik verwendet; dies hauptsächlich wegen der ungelösten Speicherproblematik. Wie in meinem früheren Artikel erklärt, ist die Elektro-Infrarotheizung zwar in manchen Fällen durchaus sinnvoll, aber eben nicht zur Grundbeheizung (also als alleiniges Heizungssystem), sondern nur zur zeitlich und räumlich gezielten Zusatzheizung z. B. während der Benutzung eines Badezimmers. Wenn man etwas für die Grundbeheizung haben möchte, könnte das eher eine Wärmepumpenheizung sein, die dafür weit weniger Strom benötigt.

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